Übersicht Disziplinarverfahren

Disziplinarverfahren

Liegen zureichende tatsächliche Anhaltspunkte vor, die den Verdacht eines Dienstvergehens rechtfertigen, hat die oder der Dienstvorgesetzte ein Disziplinarverfahren einzuleiten. So steht es in § 20 Hessisches Disziplinargesetz (wie auch in vielen anderen Disziplinargesetzen der Länder und des Bundes). Das bedeutet, dass in Fällen, in denen aufgrund eines Sachverhaltes eine gewisse Wahrscheinlichkeit besteht, dass ein Dienstvergehen begangen wurde, die Behörde ein Disziplinarverfahren einleiten muss.

Ein Dienstvergehen liegt übrigens vor, wenn der Beamte schuldhaft gegen seine Pflichten verstößt. Die meisten Pflichten, die Beamte beachten müssen, lassen sich in den §§ 33 ff BeamtStG (§§ 60 ff BBG) finden.

Die Einleitung des Disziplinarverfahrens geschieht in den meisten Fällen durch die Überreichung einer sog. Einleitungsverfügung. Das ist ein offizielles Schreiben des Behördenleiters, in welchem der Betroffene über die Einleitung unterrichtet und der Vorwurf, gegen welche Pflichten verstoßen worden sein soll, eröffnet wird.

Die Behörde muss den Beamten bereits bei der Einleitung des Verfahrens über seine Verfahrensrechte belehren. Insbesondere ist er darauf hinzuweisen, dass es ihm freisteht, sich zur Sache zu äußern oder die Aussage zu verweigern (Nemo-tenetur-Grundsatz), sowie jederzeit einen Bevollmächtigten oder Beistand hinzuzuziehen. Der Beamte muss bei der Aufklärung des Sachverhaltes und der Vorwürfe gegen ihn nicht mitwirken! 

Das Disziplinarverfahren wird durch die Behörde des Beamten eingeleitet und zunächst als „behördliches“ Disziplinarverfahren geführt. Das Verfahren endet entweder durch Einstellung des Disziplinarverfahrens, durch Erlass einer behördlichen Disziplinarverfügung oder durch eine Klage auf Zurückstufung (Degradierung) oder Entfernung

Gegen die behördliche Disziplinarverfügung kann der betroffene Beamte grundsätzlich Widerspruch einlegen und danach Klage erheben.

Ein behördliches Disziplinarverfahren lässt sich in drei Verfahrensabschnitte einteilen:

  • Einleitung
  • Ermittlungen und
  • Abschlussentscheidung

einteilen (wobei Verwaltungsermittlungen vorgeschaltet sein können).

Die Disziplinargesetze in Bund und Ländern sehen eine grundsätzliche Pflicht zur Einleitung eines Disziplinarverfahrens vor, wenn der Verdacht eines Dienstvergehens vorliegt. Dies bedeutet jedoch nicht, dass in jedem Falle ein Disziplinarverfahren eingeleitet werden muss, denn es bestehen gesetzliche Ausnahmen. So kann die Behörde bei einer sehr leichten Verfehlung auf die Einleitung verzichten oder aufgrund eines gesetzlichen Einleitungsverbots gehindert sein, ein Disziplinarverfahren einzuleiten. 

Ist ein Disziplinarverfahren eröffnet, hat die Behörde grundsätzlich die Pflicht, den Sachverhalt zu ermitteln. Aber auch hier gibt es Ausnahmen. So kann auf Ermittlungen verzichtet werden, soweit der Sachverhalt schon auf andere Weise aufgeklärt ist (zum Beispiel durch ein Strafverfahren). Oder es kann ein Ermittlungsverbot bestehen, wenn durch ein Gericht in einem Urteil der Sachverhalt bereits festgestellt hat (zum Beispiel in einem Strafurteil).

Sofern die Behörde ermittelt, hat sie eine Reihe von Ermittlungsgrundsätzen zu beachten. Die Ermittlungen müssen insbesondere objektiv und unter Wahrung der Verhältnismäßigkeit geführt werden. Das bedeutet, dass sowohl belastende als auch entlastende Umstände ermittelt werden müssen und dass die Ermittlungen den Betroffenen nicht stärker belasten dürfen, als es die eigentliche Disziplinarmaßnahme selbst tun würde. 

Die Behörde muss dem Betroffenen die Gelegenheit einräumen, an der Vernehmung von Zeugen und Sachverständigen sowie an der Einnahme des Augenscheins teilzunehmen. Dieses starke Recht des Beamten sollte zusammen mit oder durch einen Anwalt wahrgenommen werden.

Das Disziplinarverfahren ist ein kompliziertes Verfahren, in dem die Behörde sowohl rechtsstaatliche Grundsätze und Pflichten als auch die Verfahrensrechte des Beamten zu beachten hat. Die Wahl einer geeigneten Verteidigungsstrategie gegenüber der Behörde ist von entscheidender Bedeutung.

Kooperation oder Konfrontation? Verteidigung und Zurückweisung der Disziplinarvorwürfe oder Eingestehen von Verfehlungen und Hinwirken auf eine Milderung der Disziplinarmaßnahme – welcher Ansatz ist der richtige?

Ein Disziplinarverfahren kann für Beamte schwerwiegende Folgen haben. Neben Disziplinarmaßnahmen, die bis zur Entfernung aus dem Dienst reichen können, erlässt die Behörde häufig begleitende Maßnahmen. Dazu zählen unter anderem Umsetzungen, die Entbindung von Führungsfunktionen, das Verbot der Führung der Dienstgeschäfte sowie die vorläufige Dienstenthebung oder die Einbehaltung von Bezügen.

Sie benötigen als Betroffener im Disziplinarverfahren stets eine geschulte und fachkundige Unterstützung, die entlastende Umstände für Sie vorträgt und darauf achtet, dass das Verfahren fair und rechtmäßig abläuft und dass Ihre Verfahrensrechte gewahrt werden.